Der Gerechte Frieden als Konzept steht spätestens seit der Internationalen Ökumenischen Friedenskonvokation 2011 weltweit auf der Agenda der Kirchen. In der Abschlusserklärung von Kingston/Jamaika heißt es:
„Die Geschichte führt uns, insbesondere im Zeugnis der historischen Friedenskirchen, vor Augen, dass Gewalt gegen den Willen Gottes ist und keine Konflikte lösen kann. Aus diesem Grund gehen wir über die Lehre vom gerechten Krieg hinaus und bekennen uns zum gerechten Frieden“.
Ausgehend von den gegenwärtigen internationalen Konfliktkonstellationen soll das Konzept des Gerechten Friedens eine Antwort auf die Frage geben, wie unschuldige Menschen vor Ungerechtigkeit, Krieg und Gewalt geschützt werden können. Über die Kontroverse ‚Gerechter Krieg vs. Pazifismus’ hinaus fokussiert das Konzept auf das Primat der zivilen Konfliktbearbeitung und Gewaltprävention.
Angesichts der Erfahrungen von Ruanda, Srebrenica, Sudan oder Syrien stellt sich zugleich die Frage nach der Schutzverantwortung, auch mit militärischen Mitteln. Das in der internationalen Politik und im Völkerrecht entwickelte Konzept der Responsibility to Protect (RtoP) wurde beim „Weltgipfel“ der Vereinten Nationen 2005 von den meisten Staaten anerkannt. Es formuliert eine internationale Verantwortung zum Schutz der Menschen. Dabei müsse sich die Souveränität des Staates an der Souveränität des Individuums messen lassen. Daraus abgeleitet werden drei Teilverantwortlichkeiten: die Pflicht zur Prävention (Responsibility to Prevent), die Pflicht zur Reaktion (Responsibility to React) und die Pflicht zum Wiederaufbau (Responsibility to Rebuild).
Die Kirchen haben dazu bei der Friedenskonvokation in Kingston 2011 weiter erklärt:
„Wir ringen weiter um die Frage, wie unschuldige Menschen vor Ungerechtigkeit, Krieg und Gewalt geschützt werden können. In diesem Zusammenhang stellen wir uns tiefgreifende Fragen zum Konzept der ‚Schutzverantwortung‘ und zu dessen möglichem Missbrauch. Wir rufen den ÖRK und seine Partnerorganisationen dringend auf, ihre Haltung in dieser Frage weiter zu klären.“
Zur Diskussion stehen u. a. folgende Fragen: Wie beeinflusst das in der UN inzwischen verankerte Konzept der Responsibility to Protect das Paradigma vom Gerechten Frieden? Wie kann der Kerngedanke der Prävention angesichts von realen Schutzbedürfnissen umgesetzt werden? Können Kriterien im Hinblick auf Interventionen als letztes Mittel entwickelt werden, die dem Anspruch des Gerechten Friedens entsprechen? Wie kann ein möglicher Missbrauch der internationalen Schutzverantwortung verhindert werden?
Der Kongress möchte diese Fragen in einem breiten Diskurs mit Vertretern aus Kirchen, Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft vertiefen und damit auch die Diskussion einer zeitgemäßen Friedensethik innerhalb der Kirchen vorantreiben. Zentrale Bedeutung erhalten dabei sowohl das interkonfessionelle Gespräch wie auch der Blick auf das Urteil anderer Religionen.
Die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen wird im November 2013 in
Busan/Südkorea diese Diskussion fortsetzen und in einen mehrjährigen Prozess überführen. Die Delegierten sollen in ihrer Urteilsbildung vorbereitet werden.
Es laden Sie herzlich ein:
Dr. Rüdiger Sachau, Evangelische Akademie zu Berlin
Uwe Trittmann, Evangelische Akademie Villigst
PD Dr. Ines-Jacqueline Werkner, Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST), Heidelberg
Renke Brahms, Konferenz für Friedensarbeit im Raum der EKD, Bremen
In Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK)
Diese Veranstaltung ist Teil des gemeinsamen Diskursprojektes „Dem Frieden der Welt zu dienen“ der Evangelischen Akademien in Deutschland (EAD e.V.), gefördert mit Mitteln der Arbeitsgemeinschaft Ethische Bildung in den Streitkräften (AEBIS) der Evangelischen Militärseelsorge.
Gefördert durch
Deutsche Stiftung Friedensforschung
Bundeszentrale für politische Bildung
Donnerstag, 13.06.2013
15.00 Uhr Begrüßung und Einführungen
Dr. Rüdiger Sachau, Ev. Akademie zu Berlin
15.15 Uhr Herausgefordert durch ökumenische Vielfalt
Von der Friedenskonvokation in Kingston zur Ökumenischen Vollversammlung in Busan
Bischof Martin Schindehütte, Kirchenamt der EKD, Hannover
15.40 Uhr Herausgefordert zur Gewaltfreiheit
Kontroversen um die christliche Friedensethik
Renke Brahms, Friedensbeauftragter des Rates der EKD, Bremen
16.00 Uhr Die unterschätzte Kraft der zivilen Prävention
Schutzverantwortung weiter denken
Prof. Dr. Edward C. Luck, 2008-2012 UN-Sonderbeauftragter RtoP, University of San Diego/CA
Moderation: Uwe Trittmann, Ev. Akademie Villigst
17.00 Uhr Pause
17.30 Uhr Gerechter Frieden zwischen Interventionsverbot und Schutzgebot
Das ethische Dilemma der Gewaltanwendung
Prof. Dr. Fernando Enns, Theologie der Friedenskirchen, Universität Hamburg / Freie Universität Amsterdam
18.30 Uhr Abendessen
20.00 Uhr Der gerechte Frieden – interkonfessionell diskutiert
Prof. Dr. Heinz-Gerhard Justenhoven, Ltd. Direktor des Institutes für Theologie und Frieden, Hamburg
Prof. Dr. Eva Senghaas-Knobloch, Kammer für Öffentliche Verantwortung der EKD, Bremen
Dipl. Theol. Giorgios Vlantis, Orthodoxe Theologie, Universität München
N.N., Anglikanische Kirchen in GB
Moderation: Annegreth Schilling; Ruhr-Universität Bochum/MEET
21.30 Uhr Abendsegen
Bischof Dr. Dr. h.c. Markus Dröge, Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
Freitag, 14.06.2013
9.30 Uhr Begrüßung und Moderation:
Dr. Rüdiger Sachau, Ev. Akademie zu Berlin
Gerechtigkeit und Frieden in der Bibel
Geistlicher Impuls zu Psalm 85
Dr. Paul Oestreicher, Canon Emeritus der Kathedrale von Coventry/GB
10.30 Uhr Der Begriff „Gerechter Frieden“
Zwischen normativem Anspruch und politischem Realismus
Prof. em. Dr. Lothar Brock, HSFK, Frankfurt/M.
anschließend Diskussion
12.00 Uhr Aufteilung der Workshops
anschließend Mittagessen
14.00 Uhr Gerechter Frieden: Das Konzept in der Bewährung
Arbeit in Workshops mit Vertretern aus Kirche, Politik und Wissenschaft
Die Workshops finden am Gendarmenmarkt und im Berliner Dom (Fußweg ca. 15 Minuten) statt.
1. Der Gerechte Frieden als Ethik der internationalen Beziehungen (Englisch)
Prof. Dr. Michael Haspel, Ev. Akademie Thüringen, Neudietendorf
Prof. Dr. Edward C. Luck, San Diego/CA
Prof. Dr. Christopher Daase, HSFK und Universität Frankfurt/M.
Moderation: Klaus Burckhardt, Ev.-Luth. Landeskirche Hannovers
2. Gemeinschaft, Erde, Wirtschaft, Völker – wie weit geht Gerechter Frieden?
Prof. Dr. Konrad Raiser, 1992-2003 Generalsekretär des ÖRK, Berlin
Thilo Hoppe, MdB B90/Die Grünen
Prof. Dr. Harald Müller, HSFK, Frankfurt/M.
Moderation: Almut Bretschneider-Felzmann, MEET / Pfarrerin der Ev. Kirche in Mitteldeutschland, Meiningen
3. Unbedingte Gewaltfreiheit als theologische, ethische und politische Herausforderung
Dr. J. Jakob Fehr, Church and Peace, Schöffengrund
Roderich Kiesewetter, MdB CDU
Prof. Dr. Olaf L. Müller, Humboldt Universität zu Berlin
Moderation: Dirk Rademacher, Ev. Kirchenamt für die Bundeswehr, Berlin
4. Responsibility to Prevent – was können die Kirchen dafür tun?
Dr. Martin Robra, Exekutivsekretär im ÖRK, Genf/CH
Edelgard Bulmahn, MdB SPD
Dr. Otto Lampe, Beauftragter für die VN und Menschenrechte, National Focal Point RtoP im Auswärtigen Amt, Berlin
Dr. Karsten Lehmann, Universität Fribourg/CH
Moderation: Uwe Trittmann, Ev. Akademie Villigst
5. Responsibility to React – wenn Intervention das „letzte“ Mittel ist …
Ltd. Militärdekan Dr. Dirck Ackermann, Ev. Kirchenamt für die Bundeswehr, Berlin
Oberst i. G. Jürgen-Joachim von Sandrart, Bundesministerium der Verteidigung, Berlin
Paul Schäfer, MdB Die Linke
PD Dr. Ulrike Kleemeier, Universität Münster
Moderation: PD Dr. Ines-Jacqueline Werkner, FEST Heidelberg
6. Responsibility to Rebuild – Konzepte auf dem Weg zu Wiederaufbau und Versöhnung
Dr. Martin Quack, Beauftragter für humanitäre Hilfe, Diakonie Katastrophenhilfe, Berlin
Christine Tötzke, Referatsleiterin Frieden und Sicherheit im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Berlin (angefragt)
Prof. Dr. Hans-Joachim Heintze, Universität Bochum
Moderation: Dr. Anthea Bethge, Eirene, Neuwied
15.30 Uhr Kaffeepause
16.00 Uhr Fortsetzung der Workshops
(Die Zusammensetzung der Gruppen bleibt gleich)
17.30 Uhr Pause
Spaziergang zur Parochialkirche (Klosterstraße)
19.00 Uhr Abend der Begegnung in der Parochialkirche
Buffet und Musik
Abendandacht
Erzpriester Radu Constantin Miron, Vorstand Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK)
Samstag, 15.06.2012
9.30 Uhr „Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden“
Spirituelle Impulse aus den Religionen
Dr. Gerdi Nützel, Religionen auf dem Weg des Friedens, Berlin
10.00 Uhr Religionen kommentieren den Gerechten Frieden
Hamideh Mohagheghi, Mitglied der Islamkonferenz, Hannover
Dr. Edna Brocke, Essen
Oliver Petersen, Tibetisches Zentrum Hamburg
Dr. h.c. Thomas Wipf, Moderator European Council of Religious Leaders, Winterthur/CH
Moderation: Dr. Erika Godel, Ev. Akademie zu Berlin
11.30 Uhr Pause
12.00 Uhr Wegmarkierungen für Busan
Der Gerechte Frieden als gemeinsame Herausforderung an die Kirchen
Dr. Olav Fykse Tveit, Generalsekretär des ÖRK, Genf/CH
im Gespräch mit
Renke Brahms, Friedensbeauftragter des Rates der EKD, Bremen
Dr. William F. Vendley, Secretary General Religions for Peace International, New York/USA
Moderation: Dirk Rademacher, Ev. Kirchenamt für die Bundeswehr, Berlin
13.00 Uhr Reisesegen
anschließend Mittagsimbiss und Abreise