Die Samariterkirche ist das älteste Gebäude im östlichen Zipfel von Berlin-Friedrichshain und der Kristallisationskern dieses Gebiets. Zur Zeit ihrer Errichtung von 1892 bis 1894 stand sie allein in einem weitflächigen Terrain aus Feldern und Laubenkolonien. Sie bestimmte mit ihrer Ausrichtung und dem Turm den späteren Verlauf der Straßen und Achsen. Die Bebauung des Gebiets vorwiegend mit Wohngebäuden begann zögerlich, erweiterte sich dann aber schnell. Ein dicht besiedeltes Gründerzeitquartier entstand: Das Samariterviertel, ein Arbeiterwohnquartier. Besonders der 1889 eröffnete Zentralviehhof mit 6.450 Arbeitsplätzen sorgte für Zuzug. Die Kirchgemeinde wuchs entsprechend.
Im 2. Weltkrieg wurde die Kirche beschädigt und geplündert, aber nicht zerstört. Besondere Strahlkraft erhielten Kirche und Gemeinde in den 1980er Jahren mit dem Gemeinde- und Kreisjugendpfarrer Rainer Eppelmann. Von hier gingen wesentliche Impulse für die Bürgerrechtsbewegung in der DDR aus. So initiierte Rainer Eppelmann den „Berliner Appell – Frieden schaffen ohne Waffen“. Das führte zu seiner Verhaftung. Tausende von Menschen aus dem ganzen Land strömten zu den legendären, 1986 verbotenen, Bluesmessen. 1989 war Rainer Eppelmann Mitbegründer der Oppositionspartei „Demokratischer Aufbruch“, später Minister in zwei Regierungen, bis 2005 Abgeordneter im Deutschen Bundestag.
Ein Teil des Samariterviertels war von 1993 bis 2008 Sanierungsgebiet (8.370 Einwohnern). Gekennzeichnet durch umfangreiche Mängel an Wohngebäuden und in Wohnungen, hatte es einen sehr hohen Instandsetzungs- und Modernisierungsbedarf. Dazu kamen Mängel der Infrastruktur, fehlende Grün- und Freiflächen, Sport- und Spielplätze. Mit der Zeit bot das Gebiet alternativen Lebensformen, vielen Studenten und auch Hausbesetzern eine Wohnstatt.
Inzwischen ist ein großer Teil der Wohnungen saniert. Sehr viel wurde in die öffentliche Infrastruktur investiert Bürgerschaftliches Engagement kam besonders bei der Um- und Neugestaltung des Wohnumfelds und der Schaffung von Grün-, Frei- und Spielflächen zum Tragen. Der angrenzende Zentralviehhof stellte 1991 seine Arbeit ein. Seitdem veränderte sich das Areal grundlegend. Es entwickelt sich nach anfänglichen Schwierigkeiten zu einem Gewerbestandort mit vielfältiger Nutzung und zu einer gefragten Wohnadresse.
In einem Rundgang erleben wir das sanierte Viertel. In der anschließenden Diskussion geht es hauptsächlich um soziale Folgen der Sanierung. So lebt zum Beispiel etwa ein Viertel aller Haushalte im umfassend geförderten öffentlichen Wohnungsbau. Wenn ab 2013 die bei dieser Art der Förderung übliche Mietpreisbindung für 20 Jahre wegfällt, wirkt sich das auf die Einwohnerstruktur aus, die sich während der Sanierungszeit sowieso veränderte. So erhöhte sich der Anteil berufstätiger Einwohner und das Qualifikationsniveau deutlich, der Rentneranteil ging stark zurück. Der größere Teil der Haushalte, deren Wohnungen nicht umfassend gefördert wurden, bedarf der Unterstützung, um weiter im Gebiet wohnen zu können. Nur 25% der Haushalte verblieben im Gebiet. An Diskussionsstoff mangelt es nicht.
Dazu laden wir Sie herzlich ein!
Heinz-Joachim Lohmann
Evangelische Akademie zu Berlin
Helga Wetzel
Arbeitskreis Stadtpolitik
Mittwoch, den 25. September 2013
16:00 Uhr Treffpunkt Samariterkirche
(U-Bahn Linie 5, vom U-Bahnhof Samariterstraße ca. 10 Min. Fußweg)
Baugeschichte und Sanierung der Samariterkirche
Edeltraud Pohl, ehem. Mitarbeiterin der Samaritergemeinde, jetzt im Ehrenamt Arbeit mit Ausländern
16:30 Uhr Die Samaritergemeinde in den letzten Jahren der DDR
Gespräch mit Rainer Eppelmann, Pfarrer an der Samariterkirche bis 1989, jetzt
Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
17:45 Uhr Sanierungsgebiet Samariterviertel Einführung und Rundgang durch das Sanierungsgebiet mit Exkurs zum ehemaligen Zentralviehhof
Knut Beyer, ASUM GmbH, Angewandte Sozialforschung und urbanes Management
20:00 Uhr Diskussion im Kirchencafé
Schmalzstullen und Getränke werden bereitgestellt.
21:00 Uhr Ende der Veranstaltung