Es geht darum, dass nicht vergessen wird, was dort geschehen ist.
Theresienstadt sollte aber gleichzeitig eine lebendige Stadt sein.
(Dagmar Lieblová – Überlebende des GhettosTheresienstadt)
Die Garnisonsstadt Theresienstadt / Terezín hat mit dem Abzug des tschechischen Militärs 1997 ihre wirtschaftliche Basis verloren. Fast die Hälfte der städtischen Substanz waren militärisch genutzte Gebäude. Heute ist immer noch ein großer Teil der Stadt von Leerstand und Verfall geprägt. Notwendig ist eine erneute Konversion: Es gilt eine lebendige Stadt zu schaffen, die sich ihrer vielschichtigen Vergangenheit bewusst ist.
Die 150 Jahre umfassende ältere Vergangenheit ist schnell skizziert: Drei Kriege des Preußenkönigs Friedrich II. hatten der Kaiserin Maria Theresia gezeigt, dass das habsburgische Reich an der böhmischen Nordflanke militärisch ungesichert war. An der Mündung der Eger in die Elbe wurde 1790 eine Festung nach französischem Vorbild errichtet. Nördlich der Eger entstand die Hauptfestung als barocke Planstadt mit militärischen und zivilen Bauwerken, südlich der Eger die Kleine Festung. Theresienstadt war kaum 100 Jahre Festung, wurde jedoch nach 1888 weiter als Garnisonsstandort mit Militärgefängnis genutzt. Als prominentester Gefangener starb hier 1918 der Attentäter von Sarajevo an den Folgen der Haft.
Weniger als 5 Jahre NS-Herrschaft haben die Stadt für immer stigmatisiert: Nach der Besetzung von Böhmen und Mähren durch die deutsche Wehrmacht wurde die Kleine Festung nach dem Willen Heydrichs 1940 zum Gestapo-Gefängnis für mehr als 30.000 politische Gefangene, meist Tschechen aus Intelligenz und Widerstand. 2.700 Häftlinge wurden dort ermordet oder starben an Hunger und Krankheit. Ende 1941 wurde die Hauptfestung zum Sammel- und Durchgangslager für zunächst tschechische, später auch deutsche, österreichische, holländische und dänische Menschen jüdischer Herkunft. Insgesamt wurden mehr als 140.000 Menschen nach Theresienstadt deportiert. Mehr als 33.000 starben an Unterernährung und Krankheiten. 84.000 wurden weiter in die Vernichtungslager geschickt. Am 8.Mai 1945 erreichten sowjetische Truppen die Stadt.
Terezín ist heute die größte Gedenkstätte der Tschechischen Republik und kandidiert als Einheit von spätbarocker Festungsstadt und Gedenkort für das Weltkulturerbe der UNESCO. 230.000 Besucher zählte die Stadt im Jahr 2010. Doch der Besuch beschränkt sich meist auf das Gedenken an die politischen Gefangenen in der Kleinen Festung und einen Blick in das auf Initiative von Vaclav Havel 1990 entstandene Ghetto-Museum in der Großen Festung. Ein erweiterter Tourismus, der sich neben dem Besuch der Gedenkstätten auch für die Spuren der ungewöhnliche Geschichte und die baulichen Qualitäten des Ortes interessiert, wäre von großer Bedeutung für die Stadtentwicklung. An der Frage, welche Schwerpunkte und Akzente hier gesetzt werden sollen, entzünden sich aktuell jedoch heftige Kontroversen, gerade weil die EU endlich Fördermittel in erheblichem Umfang bereitstellt.
Wir laden Sie herzlich dazu ein, die historischen und baulichen Spezifika sowie die Zukunftsperspektiven dieses besonderen Ortes mit uns zu erkunden.
Claudia Schäfer
Evangelische Akademie zu Berlin
Hans Tödtmann
Arbeitskreis Stadtpolitik
LITERATUREMPFEHLUNGEN:
Wolfgang Benz, Theresienstadt. Eine Geschichte von Täuschung und Vernichtung. München,
C.H. Beck. 2013
Uta Fischer und Roland Wildberg, Theresienstadt – eine Zeitreise. Berlin: Wildfisch, 2011.
Bestellungen über: info@wild-fisch.de
Rezension zum Buch von Hans Tödtmann: http://www.eaberlin.de/D3FAF561E62741D98B4E2FFBDEA30F2B.php
Samstag, den 10. August 2013
Eventuelle Änderungen im Ablauf werden vorbehalten
06:30 Uhr Abfahrt mit dem Charterbus
ab Bahnhof Berlin-Südkreuz, Ausgang „Schöneberg / Hildegard-Knef-Platz“
11.30 Uhr Ankunft in Terezín
12.00 Uhr Mittagessen im Hotel
13.30 Uhr Geführter Fußweg zur Kleinen Festung
Uta Fischer
14.00 Uhr Führung Kleine Festung
mit einem Guide der Gedenkstätte
15.45 Uhr Kaffeepause im Hotel
16.15 Uhr Stadtrundgang I - Spurensuche Festungsgeschichte
Uta Fischer
18.30 Uhr Abendessen im Hotel
anschließend Zeit zur freien Verfügung
21.00 Uhr Hotel
Freiwillige der Jugendbegegnungsstätte berichten über
Gedenkstättenarbeit mit internationalen Jugendgruppen
Niklas Lämmel, Aktion Sühnezeichen
Jakob Fahrner, Gedenkdienst
Sonntag, den 11. August 2013
09.00 Uhr Frühstück im Hotel
09.30 Uhr Stadtrundgang II - Spurensuche Ghetto-Geschichte
Uta Fischer
Literarische Interventionen
Thomas Schleissing-Niggemann
11.00 Uhr Führung Bastion V
durch den militärhistorischen Verein
12.30 Uhr Mittagessen im Hotel
14.00 Uhr Ziele der Stadtentwicklung und Investitionsschwerpunkte
Dr. Miloslav Kubícek, Stadtverwaltung
Diskussion
anschließend Zeit zur freien Verfügung
16.15 Uhr Kaffeepause im Hotel
16.45 Uhr Abfahrt Bus ab Hotel
21.45 Uhr Ankunft Berlin Bahnhof Berlin-Südkreuz,
Ausgang Schöneberg - Hildegard-Knef-Platz
Wenn Sie Interesse an einer Teilnahme haben, können Sie unter koschinski(at)eaberlin.de einen Anmeldebogen anfordern.