Die jüngsten Erweiterungen der Europäischen Union haben soziale und ethische Diskriminierungen der größten europäischen Minderheit sichtbar gemacht. Das Nachdenken und Sprechen über Sinti und Roma ist weiterhin oft verkrampft, vorurteilsbehaftet oder bemüht Vorurteile zu umschiffen und löst sich nur langsam vom geographischen und mentalen Rand. In die weitgehend national geführten Debatten um systematische Benachteiligungen, Lagerräumungen und Gewaltexzesse mischen sich hartnäckig althergebrachte, ambivalente Bilder von „Faszination und Verachtung“ (Klaus-Michael Bogdal). Dieses Begriffspaar beschreibt treffend wie Romgruppen seit Jahrhunderten als Projektionsfläche für Fremdzuschreibungen und Entlastungsmechanismen nicht zuletzt in Literatur und Film dienen.
Wie stellt das aktuelle europäische Kino Sinti und Roma dar? Wie lässt sich die Vielzahl von aktuellen Produktionen in Formensprache und Inhaltsbezügen einordnen und analysieren?
Fünf aktuelle Spiel- und Dokumentarfilme, die unterschiedlichen Genres zugeordnet werden können und in fünf verschiedenen, europäischen Ländern spielen, zeichnen ein dynamisches und filmästhetisch kontrastreiches Bild, insbesondere des mittelosteuropäischen Films. An jedem Abend werden Hintergründe aufgefächert und das Medium Film in seinen künstlerischen Implikationen ebenso gewürdigt wie die politisch-kulturellen Kontexte der fünf Länder, aus denen die gezeigten Filme stammen. In Einführungen und Nachbetrachtungen werden thematische und filmästhetische Implikationen der Filme länderspezifisch aufgegriffen und mit dem Publikum diskutiert.
Ich lade Sie herzlich zu den Filmen und den anschließenden Diskussionen ein!
Dr. Claudia Schäfer, Evangelische Akademie zu Berlin
Donnerstag, den 25. September 2014
19.00 Uhr Begrüßung
Dr. Claudia Schäfer, Evangelische Akademie zu Berlin
19.15 Uhr Filmvorführung
The Forest is Like the Mountains
Regie: Christiane Schmidt und Didier Guillain
Rumänien/Deutschland, 2014 (101 Minuten)
Originalfassung mit deutschen Untertiteln
Die Filmemacher beobachten das Leben einer Roma-Gemeinde am Rande eines rumänischen Städtchens. Die Familienmitglieder kämpfen um Arbeit und Ernte, Holz zum Heizen und Anerkennung durch die Behörden. Der Film wurde bei der Berlinale 2014 begeistert aufgenommen.
21.00 Uhr Filmnachgespräch mit Christiane Schmidt
Filmemacherin, Berlin
Danach: Diskussionen im Foyer
22.00 Uhr Ende der Veranstaltung
Donnerstag, den 2. Oktober 2014
19.00 Uhr Begrüßung
Dr. Claudia Schäfer, Evangelische Akademie zu Berlin
19.15 Uhr Filmvorführung
Newo Ziro/Neue Zeit
Regie: Robert Krieg und Monika Nolte
Deutschland, 2012 (84 Minuten)
Die jüngere Sinti-Generation in Deutschland muss eine prekäre Balance zwischen Beharren und Anpassung suchen. Den Filmemachern gelingt es mit langen Interviews in der Familie Reinhardt, diesen Zwiespalt gleichsam zwischen den Bildern einzufangen. Dabei weckt ihr Film Neugier auf eine lebendige Kultur, die sich hier vor allem in der Musik ausdrückt.
20.45 Uhr Filmnachgespräch mit Romeo Franz
Hildegard-Lagrenne-Stiftung, B90/Die Grünen, Mannheim
Danach: Diskussionen im Foyer
22.00 Uhr Ende der Veranstaltung
Donnerstag, den 9. Oktober 2014
19.00 Uhr Begrüßung
Dr. Claudia Schäfer, Evangelische Akademie zu Berlin
19.15 Uhr Einführung
Hristo Kyuchukov, St. Elizabeth Universität, Bratislava / Freie Universität Berlin (in englischer Sprache)
19.30 Uhr Filmvorführungen
Roma Quijote
Regie: Petya Nakova und Nina Pehlivanova
Bulgarien, 2013 (61 Minuten)
Originalfassung mit englischen Untertiteln
Der Film fokussiert ein Paar im zweigeteilten Dorf Kyustendil in Bulgarien. Die beiden haben sich aus widrigen Umständen hochgearbeitet und werden gemeinsam mit einigen ihrer Nachbarn durch ein ganzes Jahr begleitet. In eindrucksvollen Bildern zeichnet der Film auch die Rolle der Adventisten und der Religion in dieser Roma Community nach.
The Gypsy Vote
Regie: Jaroslav Vojtek
Slowakei, 2012 (72 Minuten)
Originalfassung mit englischen Untertiteln
Vlado Sendrei ist ein slowakischer Rom. Er wandelte sich vom Sozialhilfeempfänger zu einem Aktivisten für Kultur und Sozialprogramme. Nun kandidiert er auch bei Wahlen. Seine Frau Jana glaubt, dass seine Aktivitäten schlecht für die Familie und gegen die Werte der Roma seien. Es kommt zu Spannungen bei dem Ehepaar und der Unterstützergruppe.
21.30 Uhr Diskussionsrunde mit Hristo Kyuchukov
Danach: Diskussionen im Foyer
22.30 Uhr Ende der Veranstaltung
Donnerstag, den 16. Oktober 2014
19.00 Uhr Begrüßung
Dr. Claudia Schäfer, Evangelische Akademie zu Berlin
19.15 Uhr Filmvorführung
Papusza
Regie: Joanna Kos-Krauze und Krzysztof Krauze
Polen, 2013 (131 Minuten)
Originalfassung mit deutschen Untertiteln
Die wahre Geschichte der Papusza – der ersten Roma Frau, die ihre Gedichte veröffentlichen konnte und darum das traditionelle Bild der Frau in der Roma Community herausforderte. Der Film zeigt ihr Leben in Polen von der Geburt bis zum Tod (1900-1970), ihr Leben im Lager vor, während und nach dem II. Weltkrieg. Sie war eine bekannte Dichterin, die in Armut lebte und von ihrer Roma Umgebung misstrauisch beäugt wurde, weil sie im Verdacht stand, die Geheimnisse der Gemeinschaft zu verraten.
20.30 Uhr Filmnachgespräch mit Bernd Buder
Head of Programme Department des FilmFestival Cottbus, Berlin
Danach: Diskussionen im Foyer
22.00 Uhr Ende der Veranstaltung
Gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung.