Warum stammen alle Menschen von Adam und Eva ab? Damit sich keiner über den oder die andere erhebe, so lautet die rabbinische Antwort. Diese so einfache Wahrheit lebte und lebt sich für Kirchen schwer, so zeigt es jedenfalls der Blick auf rassistische Motive in christlich europäischem Denken und kirchlicher Praxis: Nicht nur in Fürbitten-Gebeten wird Fremdheit konstruiert, auch ökumenische und diakonische Praxis lebt häufig von der Konstruktion eigener Stärke auf Kosten oder auch gutwillig zugunsten eines vermeintlich schwächeren „Anderen“.
Die Tagung zielt darauf, Akteure der Religionspädagogik (inner- und außerschulisch) für das Thema Rassismus zu sensibilisieren. Denn anders als zu erwarten, gibt es trotz des angezeigten Problemfeldes kaum religionspädagogisches Material, das aktuelle Konzepte zur Bearbeitung von Rassismus aufnimmt und dabei theologisch und pädagogisch anspruchsvoll ist. Eher gehen religionspädagogische Konzepte von einem positiven Zugang auf die je Anderen im pädagogischen Handeln aus - Mechanismen, mit denen Ungleichwertigkeit konstruiert wird, bleiben unbefragt und unbearbeitet.
Ist es das eigene Verstrickt-Sein, das verhindert, dass Religionspädagogik rassismuskritische Arbeit als zentralen Curriculums-Bestandteil aufnimmt? Wie kann christliche Bildungsarbeit gerechtes Leben fordern und fördern? Welche Erfahrungen machen wir in unseren jeweiligen Praxisfeldern, wo ergeben sich Fragen, wo Ermutigungen und Zweifel? Wie lassen sich grundlegende rassismus- und antisemitismuskritische Überlegungen in Methoden bzw. Module zumindest skizzenhaft umsetzen?
Gemeinsam fragen wir als Theolog_innen und Pädagog_innen aus kirchlicher und außerkirchlicher Arbeit danach, auf welcher Grundlage und mit welchen bestehenden, modifizierten oder neu zu entwickelnden Formaten im christlichen Kontext produktiv weiter gearbeitet werden kann und soll.
Das Format ist längerfristig angelegt und jährliche Folgetagungen sind geplant.
Ergebnissicherung erfolgt in Form einer Tagungsdokumentation, die zentrale Lernfelder für eine antirassistische kirchliche Praxis zusammenfasst und Impulse für die Weiterarbeit in Schule, Gemeinde und Jugendarbeit gibt.
Programm
Freitag, den 20. November 2015
18.00 Uhr Begrüßung und Erfahrungsaustausch
Berichte aus der Praxis (Aline Seel, BAG K+R; u.a.) und offener Austausch
19.30 Uhr Abendimbiss
20.00 Uhr Impulsvortrag I:
Rassismus als Thema christlicher Theologie
Dr. Eske Wollrad, Geschäftsführerin der Ev. Frauen in Deutschland e. V.
Samstag, den 21. November 2015
09.00 Uhr Morgenandacht und Frühstück
10.00 Uhr Impulsvortrag II:
Die theo-politischen Implikationen christlicher Bildungsarbeit
Silke Radosh-Hinder, stellv. Superintendentin des Kirchenkreises Berlin Stadtmitte
Dr. Christian Staffa, Ev. Akademie zu Berlin
11.00 Uhr Workshops I - Teil des Problems - selbstreflexive Standortbestimmungen
„Den weißen Christus loswerden. Eine Einladung, mit dem jungen Bonhoeffer rassismuskritisch zu denken.“
Dominik Gautier, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Systematischen Theologie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Interkulturelle Konflikte? – Sensibilisierung und Selbstreflexion im Umgang mit Diversity
Danna Bader, M.A. Interkulturelles Konfliktmanagement, Trainerin und Beraterin im Bereich Gender, Diversity und Konflikte UND Mohamed Ibrahim, Trainer und Berater im interreligiösen und interkulturellen Bereich sowie der Konfliktbearbeitung
Intergenerationelle Tradierung nationalsozialistischer Täterschaft und Auswirkungen auf rassismuskritische Arbeit
Dr. Rainer Moeller, Comenius-Institut
Alexander Diepold, Madhouse München
Antimuslimischer Rassismus
Ayse Cindilkaya, Netzwerk Sozialer Zusammenarbeit (NsZ)
13.00 Uhr Mittagessen
14.00 Uhr Workshops II – Pädagogische Handlungsfelder
Der schwarze Christus im Unterricht. Gemeinsame Skizzen zu einer rassismuskritischen Religionsdidaktik.
Dominik Gautier, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Systematischen Theologie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Interkulturelle Konflikte? - Schule und Gemeinde als Raum für Sensibilisierung und Reflexion von Diversity?
Danna Bader, M.A. Interkulturelles Konfliktmanagement, Trainerin und Beraterin im Bereich Gender, Diversity und Konflikte UND Mohamed Ibrahim, Trainer und Berater im interreligiösen und interkulturellen Bereich sowie der Konfliktbearbeitung
Ist das Thema Völkermord an Juden und Sinti und Roma ein wichtiger Zugang zum Thema Antisemitismus und Rassismus gegen Sinti und Roma? Was bedeutet das heute?
Dr. Rainer Moeller, Comenius-Institut
Alexander Diepold, Madhouse München
Antimuslimischer Rassismus – Islambilder in Religions- und Konfirmandenunterricht
Ayse Cindilkaya, Netzwerk Sozialer Zusammenarbeit (NsZ)
16.00 Uhr Kaffeepause
16.30 Uhr Bar-Camp I
Praxisrelevante und praxisorientierte Arbeitsforen. Die Themen werden von den Teilnehmenden mit Blick auf die vorausgehenden Workshops selbst entwickelt.
18.00 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Bar Camp II
Sonntag, den 22. November 2015
09.00 Uhr Morgenandacht und Frühstück
10.00 Uhr Ergebnissicherung und Tagungsbeobachtung
Vorstellung von Arbeitsergebnissen, Überlegungen, Skizzen, Modulen.
Julika Koch, Arbeitsstelle Ökumene und Friedensbildung Nordkirche
11.30 Uhr Gemeinsamer Abschluss – Verabredungen & Vernetzung
12.00 Uhr Ende der Tagung