DIE EXKURSION IST BEREITS AUSGEBUCHT. ANMELDUNGEN KÖNNEN NICHT MEHR ENTGEGENGENOMMEN WERDEN.
Stadtumbau in Halle-Neustadt – Von der „sozialistischen Stadt der Chemiearbeiter" zum sozialen Brennpunkt?
Halle-Neustadt (Ha-Neu) beging 2014 seinen 50. Jahrestag. Als eine der größten Wohnsiedlungen der DDR für 100 000 Menschen konzipiert, hatte es in den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts über 90 000 Einwohner. Die Wohnkomplexe (WK) waren nicht nur mit Wohnungen, sondern auch mit Versorgungs- und Bildungseinrichtungen sowie Freiflächen mit viel Grün ausgestattet. Während die ersten WK gut funktionierten, wurde die gesamte Stadt nie fertiggestellt, besonders das großzügig gedachte Zentrum kam nur in Teilen zur Ausführung. Ha-Neu ist reich an Kunstwerken im öffentlichen Raum, die meist aus der Bauzeit stammen.
Anfangs ein Stadtteil von Halle, war Ha-Neu ab 1967 eine eigenständige Stadt, bis sie diesen Status 1990 nach Bürgerentscheid verlor und wieder zum Stadtteil wurde. Ha-Neu erfuhr eine massive Abwertung von außen und von innen. Gegenwärtig hat es etwa 44 500 Einwohner, teils sind es noch die Erstbezieher. Die überflüssigen Wohnungen werden im Programm Stadtumbau Ost rückgebaut, nur einzelne Gebäude, nicht ganze WK wie in anderen Städten. Bislang wurden jedoch viele Wohngebäude, Schulen, Kindereinrichtungen und Sportanlagen saniert, der öffentliche Raum umgestaltet. Als zentrale Einrichtung entstand das Neustadt-Centrum mit Einkaufsmöglichkeiten, einem Kino und Kultur- und Sozialeinrichtungen. Dadurch hat sich die Wohn- und Aufenthaltsqualität spürbar verbessert. Trotzdem wird Ha-Neu oft als sozialer Brennpunkt bezeichnet. Ist es das wirklich, nur weil es problematische Bereiche hat, besonders dort, wo eine Konzentration einkommensschwacher Bewohner zu verzeichnen ist? Gibt es nicht auch beispielhafte Lösungen oder nachahmenswerte Ansätze? Wir werden erfahren, wie Stadtumbau in Ha-Neu wirkt und wie die Menschen dort jetzt zusammenleben.
Die Franckeschen Stiftungen in Halle – ein wahrer Bildungskosmos
August Hermann Francke (1663 – 1727) gründete 1698 die Glauchaschen Anstalten als pietistisches Sozial- und Bildungswerk. Der Hallesche Pietismus Franckes gilt als die wichtigste gesellschaftliche Reformbewegung zwischen Reformation und Aufklärung. Auf der Grundlage der Impulse Luthers entwickelte der Theologe und Pädagoge Francke die Vision einer weltumspannenden Gesellschaftsreform zum Wohle eines jeden Menschen. Den praktischen Kern dieser Reform bildete eine Pädagogik, die auf gesellschaftliche Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit abzielte. Wie schon Luther, so sah auch Francke in der Bildung den Schlüssel zur grundlegenden Verbesserung der gesellschaftlichen Zustände. Er baute ein Schulwesen auf, das alle sozialen Schichten berücksichtigte und jedem Kind eine breitgefächerte Bildung ermöglichte, gleichzeitig aber auch die individuellen Begabungen förderte.
Außerdem verwirklichte Francke mit der Gründung der Cansteinschen Bibelanstalt seine Idee, jedem eine Lutherbibel in die Hand zu geben. Das durch die Missionsgesellschaften entstandene weltweite Netzwerk des Halleschen Pietismus sorgte 200 Jahre nach Luthers Reformation für die internationale Verbreitung des Luthertums.
1990 beschloss der neugegründete Freundeskreis der Franckeschen Stiftungen die Wiederbelebung der Schulstadt. Heute ist in dem wiederhergestellten historischen Gebäudeensemble ein wahrer Bildungskosmos entstanden, ein in dieser Form einzigartiges Zentrum kultureller, wissenschaftlicher, pädagogischer, sozialer und christlicher Einrichtungen. Mehr als 4.000 Menschen lernen, lehren, leben und arbeiten heute in den Franckeschen Stiftungen.
Heinz-Joachim Lohmann, Evangelische Akademie zu Berlin
Helga Wetzel / Hans Tödtmann, Arbeitskreis Stadtpolitik