Dorfkirchen im Oderbruch

Exkursion

Dorfkirchen im Oderbruch

Im Frieden gewonnen, im Krieg zerstört - und jetzt?

Tagungsnr.
44/2018
Von: 06.10.2018 08:37
Bis: 06.10.2018 19:31
Oderbruch
Im Mittelalter war die Fischerei der Haupterwerb der am Rand und im Bruchgebiet gelegenen Dörfer. Bei manchen Dorfkirchen findet sich daher noch heute mittelalterliches Feldsteinmauerwerk. In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Oderbruch unter Friedrich II. entwässert und in fruchtbares Ackerland verwandelt. Es folgte eine planmäßige Besiedlung durch angeworbene Siedler. Der preußische König war als Patron der mehr als 30 neu angelegten Dörfer auch für den Bau von Kirchen verantwortlich. Von den damals meist in schlichter Fachwerkbauweise errichteten barocken Dorfkirchen und Bethäusern sind nur wenige erhalten. Die meisten mussten im 19. Jahrhundert neu errichtet werden, darunter Bauwerke namhafter Architekten. Das Oderbruch war im Frühjahr 1945 Schauplatz der beginnenden Schlacht um Berlin. Fast alle Dorfkirchen erhielten schwere Schäden oder wurden zerstört. Wir besuchen als Mahnmal gesicherte Ruinen, aus der Zerstörung entstandene teilweise Wiederaufbauten und weniger zerstörte, jetzt vorbildlich restaurierte Dorfkirchen und ihre Gemeinden. Berlin-Brandenburgische Stadtexkursionen

Inhalt

Das Oderbruch erstreckt sich mit einer Länge von etwa 60 km und einer Breite von bis zu 20 km zwischen den Städten Lebus im Süden und Oderberg im Norden. Unsere Exkursion führt in den mittleren Teil des Oderbruchs. Das Oderbruch ist von intensiver Landwirtschaft geprägt. Die Gewinnung erneuerbarer Energien spielt im Oderbruch eine bedeutende wirtschaftliche Rolle. Der Tourismus hat besonders durch die Errichtung des beliebten Oder-Neiße-Radwegs an Bedeutung gewonnen.
Geologisch betrachtet ist das Oderbruch ein in einem eiszeitlichen Urstromtal gelegenes Binnendelta der Oder. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts war die Region eine häufig von Überschwemmungen betroffene Auwald-Landschaft mit vereinzelten Fischerdörfern.
Unter Friedrich II. wurde in den Jahren 1747-1762 die Oder an den Ostrand der Niederung verlegt, eingedeicht und teilweise kanalisiert. Ein System von Abzugsgräben sorgte für die Trockenlegung des Oderbruchs. Ab 1753 standen 32.500 ha fruchtbaren Ackerlandes bereit.
Der preußische Staat ließ neue Straßendörfer - zunächst in Fachwerkbauweise mit Reetdach - errichten und warb Kolonisten nicht nur aus Preußen, sondern auch aus vielen Ländern des Deutschen Reiches an. Als erstes Kolonistendorf gilt Neulietzegöricke. Die historische Dorfanlage steht heute unter Denkmalschutz. In Wuschewier findet sich noch eines der für die Zeit der Kolonisierung charakteristischen Schul- und Bethäuser.

Die meisten Dörfer im Oderbruch und die Städte an dessen Rand wurden im Vorfeld der "Schlacht um Berlin" gegen Ende des Zweiten Weltkriegs schwer beschädigt. Am 31.01.1945 überschritt die Rote Armee bei Kienitz erstmalig die gefrorene Oder und baute das Dorf zum Brückenkopf aus. Ein Panzerdenkmal erinnert daran. Die Kienitzer Kirche wurde durch deutschen Artillerie-Beschuss zerstört. Mit Spenden aus dem In- und Ausland konnte sie bereits in den 1950er-Jahren teilweise wiederaufgebaut werden. Nach einem Umbau wurde die Kirche 2013 als erste Radwegekirche eröffnet. Der als Ruine belassene Teil der Kirche dient als Mahnmal für den Frieden.
Der Markgraf von Brandenburg verlieh der mittelalterliche Kaufmannssiedlung Wriezen bereits 1337 das Stadtrecht. Die Stadt entwickelte sich rasch zum Handelszentrum des Oderbruchs.
Ab 1898 wurde Berlin über die Wriezener Bahn mit Gemüse und Fisch versorgt. Die stattliche spätgotische Backsteinkirche St. Marien bildete mit dem historischen Rathaus und dem Marktplatz ein einprägsames Stadtzentrum. Im Februar 1945 wurde die Stadt Wriezen zur Festung erklärt und Mitte April fast ganz zerstört. Von der Marienkirche blieben nur die Außenmauern.
Die Stadt wurde in den folgenden Jahrzehnten unter irritierender Vernachlässigung des historischen Stadtgrundrisses mit Zeilenbauten wieder aufgebaut. Schon 1951 wurde unter dem unzerstörten Gewölbe des südlichen Seitenschiffes von St. Marien eine Behelfskirche eingerichtet. Demnächst soll die Marienkirche vollständig wieder aufgebaut werden.
Für die Instandsetzung, den Wiederaufbau und die Erhaltung der Kirchen ist in den Dörfern und Städten des Oderbruchs, in den Kirchengemeinden und Fördervereinen viel ehrenamtliches Engagement entstanden. Unser Schlussgespräch geht der Frage nach, wie sich diese Gemeinde- und Bürgerbewegung auf die künftige Entwicklung der Region auswirkt.

Heinz-Joachim Lohmann
Evangelische Akademie zu Berlin
Hans Tödtmann
Arbeitskreis Stadtpolitik

Programm

Samstag, den 6. Oktober 2018

08.37 Uhr Abfahrt ab Bahnhof Berlin-Lichtenberg,
Gleis 15, RB 26 Richtung Kostrzyn
Treffpunkt: im vorderen Wagen
Reiseleitung: Hans Tödtmann (0157 / 85 86 84 67)

09.26 Uhr Ankunft Bahnhof Seelow-Gusow, Gleis 1 b
09.30 Uhr Abfahrt mit Reisebus ab Bahnhof Seelow-Gusow

10.00 Uhr Schul- und Bethaus Wuschewier
Andacht
Arno Leye, Gemeindepfarrer Neutrebbin-Oderbruch
Kirchenführung und kleiner Dorfspaziergang
Burkhard Baer, Förderverein Schul- und Bethaus Wuschewier e.V.

11.00 Uhr Fahrt nach Kienitz
11.30 Uhr Dorfkirche Kienitz
Kirchenführung
Frank Schneider, Gemeindepfarrer Letschin-Oderbruch
Blick über die Oder (von der ’Hafenmühle’)

12.30 Uhr Fahrt nach Altlewin
13.00 Uhr Mittagessen
im Gasthaus "Zum Alten Fritz" in Altlewin (03 34 52 / 418)

14.15 Uhr Fahrt nach Neulietzegöricke
14.30 Uhr Dorfkirche Neulietzegöricke
Kirchenführung, Spaziergang durch das älteste Kolonistendorf (1753)
Gisela Sommer, Gemeindekirchenrat Neulietzegöricke

15.30 Uhr Kaffeepause
im Kolonisten-Kaffee in Neulietzegöricke (0162 / 214 02 21)

16.00 Uhr Fahrt nach Wriezen
16.30 Uhr Stadtpfarrkirche St. Marien zu Wriezen
Kirchenführung und Erläuterung Wiederaufbauprojekt
Dr. Ingo Mannigel, Förderverein Marienkirche Wriezen e.V.

17.30 Uhr Podiumsgespräch
Was macht die Instandsetzung und der Wiederaufbau von Kirchen mit dem Land und den Leuten?
Frank Schürer-Behrmann, Superintendent Ev. Kirchenkreis Oderland-Spree
Karsten Ilm, Bürgermeister der Stadt Wriezen
Gisela Sommer, Gemeindekirchenrat Neulietzegöricke
Dr. Ingo Mannigel, Förderverein Marienkirche Wriezen e.V. und GKR
Heinz-Joachim Lohmann, Evangelische Akademie Berlin (Moderation)

18.45 Uhr Fahrt zum Bahnhof Seelow-Gusow
19.31 Uhr Abfahrt ab Bahnhof Seelow-Gusow ,
Gleis 1a, RB 26 Richtung Berlin-Lichtenberg
20.27 Uhr Ankunft Berlin-Lichtenberg, Gleis 15


Prüfen Sie bitte kurz vor dem Exkursionstermin die Gültigkeit der Zugfahrzeiten und Gleisangaben.

Änderungen des Programms vorbehalten!

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Leitung

Heinz-Joachim Lohmann

Stellvertretender Direktor und Studienleiter für Demokratische Kultur und Kirche im ländlichen Raum

Telefon (030) 203 55 - 510

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