Der Skandal als vorlauter Bote - Die großen deutschen Geschichtsdebatten

Filmreihe

Der Skandal als vorlauter Bote - Die großen deutschen Geschichtsdebatten

"Nacht und Nebel" - Der Film, mit dem alles anfing. 1955-1956

Tagungsnr.
34A -1/2019
Von: 22.09.2019 11:00
Bis: 22.09.2019 14:00
Urania Berlin e. V.
Der Griff Nazideutschlands zur Weltmacht endete mit der totalen Niederlage und der Bilanz von mehr als 40 Millionen Opfern – 30 Mio. Sowjetbürger, 6 Mio. Polen, 2 Mio. Jugoslawen, 500 000 Tschechoslowaken. Davon waren 5 Mio. Juden, zu denen noch 1,3 Mio. deportierter Juden und 500 000 Sinti und Roma gerechnet werden müssen. Schon 1946 lagen zwei Abhandlungen zur Schuldfrage vor: Karl Jaspers sah die politische Schuld aller Deutschen darin, 1932/33 zugelassen zu haben, »daß ein solches Regime bei uns entstanden ist«. Hannah Arendt konstatierte ab 1940/41 den Zustand einer »totalen Komplizenschaft des deutschen Volkes« und sprach von einer »›Volksgemeinschaft‹ des Verbrechens«. Aber die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft hat diese Diagnoseangebote negiert und sich für eine Politik der Amnestie und Amnesie entschieden. Die 1949 gegründete BRD integrierte die Mehrheit der NS-Eliten in den neuen Staat und ließ alle in Nürnberg verurteilten Kriegsverbrecher frei. Die Überlebenden der »Volksgemeinschaft« sorgten dafür, dass die Geschichte der NS-Zeit abgespalten und die Schuld Anderen zuwiesen wurde – »Hitler war’s«. Mitte der fünfziger Jahre waren die Westdeutschen sogar überzeugt, dass sie durch den Krieg und dessen Folgen selber zu Opfern geworden waren. Gegen dieses Geschichtsbild konnte sich die Wahrheit nur in Form ununterbrochener Tabubrüche durchsetzen. Die Reihe wird zehn Fälle aus dieser 60jährigen Skandalgeschichte präsentieren.

Inhalt

Der Griff Nazideutschlands zur Weltmacht endete mit der totalen Niederlage und der Bilanz von mehr als 40 Millionen Opfern – 30 Mio. Sowjetbürger, 6 Mio. Polen, 2 Mio. Jugoslawen, 500 000 Tschechoslowaken. Davon waren 5 Mio. Juden, zu denen noch 1,3 Mio. deportierter Juden und 500 000 Sinti und Roma gerechnet werden müssen. Schon 1946 lagen zwei Abhandlungen zur Schuldfrage vor: Karl Jaspers sah die politische Schuld aller Deutschen darin, 1932/33 zugelassen zu haben, »daß ein solches Regime bei uns entstanden ist«. Hannah Arendt konstatierte ab 1940/41 den Zustand einer »totalen Komplizenschaft des deutschen Volkes« und sprach von einer »›Volksgemeinschaft‹ des Verbrechens«. Aber die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft hat diese Diagnoseangebote negiert und sich für eine Politik der Amnestie und Amnesie entschieden. Die 1949 gegründete Bundesrepublik integrierte die Mehrheit der NS-Eliten in den neuen Staat und ließ alle in Nürnberg verurteilten Kriegsverbrecher frei. Die Überlebenden der »Volksgemeinschaft« sorgten dafür, dass die Geschichte der NS-Zeit abgespalten und die Schuld Anderen zuwiesen wurde – »Hitler war’s«. Mitte der fünfziger Jahre waren die Westdeutschen sogar überzeugt, dass sie durch den Krieg und dessen Folgen selber zu Opfern geworden waren. Gegen dieses Geschichtsbild konnte sich die Wahrheit nur in Form von Tabubrüchen durchsetzen. Die Reihe wird zehn Fälle aus dieser 60jährigen Skandalgeschichte präsentieren.

Alain Resnais’ 1955 in Auschwitz gedrehter und mit Archivmaterial ergänzter Film ließ keinen Zweifel daran, dass, trotz des Schweigens der Deutschen, die Todeslager, die Täter und deren Opfer nicht vergessen waren. Um einen internationalen Aufschrei und den bundesdeutschen Schock zu vermeiden, ließ die Bundesregierung den Film 1956 aus dem Programm der Filmfestspiele in Cannes entfernen – der Film behindere die Aussöhnung zwischen Deutschen und Franzosen. Weltweite Proteste führten aber dazu, dass »Nacht und Nebel« in der BRD gezeigt wurde – allerdings nicht in den kommerziellen Kinos, sondern nur in geschlossenen Veranstaltungen. Das jugendliche Publikum dieser von Geheimnis und Verbot umwitterten Vorführungen wurde später zu einer der Keimzellen der 1968er. // Film: Alain Resnais »Nacht und Nebel« [1956]

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Leitung

Dr. Christian Staffa

Studienleiter für Demokratische Kultur und Kirche

Telefon (030) 203 55 - 411

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