Im September 2009 veröffentlichte die Kulturzeitschrift Lettre International ein Gespräch mit dem Berliner Ex-Finanzsenator und Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, Thilo Sarrazin, in dem dieser sich über drei Skandale in der Stadt empörte: Die 20 % Hartz-IV- oder Sozialhilfebezieher*innen würden »ökonomisch nicht gebraucht«, lebten aber von öffentlichen Geldern. Die massenhafte Präsenz von Türk*innen und Araber*innen, »die keine produktive Funktion« hätten, aber zwei bis dreimal mehr Kinder produzierten als die Einheimischen, würde zur Eroberung Deutschlands durch die »höhere Geburtenrate« führen. Diese demographische Entwicklung bedeute eine Abnahme des „Anteils der intelligenten Leistungsträger« und habe zur Folge, dass die Berliner »von Generation zu Generation dümmer« würden. Als diese Mischung von Zynismus, Rassismus und völkischer Eugenik Proteste auslöste, machte Sarrazin aus dem Fall Berlin den Skandal Bundesrepublik: Mit seinem Buch »Deutschland schafft sich ab« wurde er zum Propheten, der das Ende der deutschen Geschichte verkündete. // Filmausschnitte: ARD, ZDF
Günter Grass trug mit seiner Novelle »Im Krebsgang« 2002 zur veränderten Selbstwahrnehmung der Deutschen als Volk der Opfer bei. 2006 bekannte er, im Krieg der in Nürnberg als »verbrecherische Organisation« verurteilten Waffen-SS angehört zu haben. Schließlich präsentierte er 2008 mit der Erfindung von 6 Millionen »liquidierter« deutscher Kriegsgefangener und 2012 mit der These, Israel bereite mit dem Angriffsplan gegen die iranischen Atomanlagen einen »neuen Holocaust« vor, eine Gegenrechnung zur deutschen Schuld. Für Grass waren die Deutschen jetzt mit den ehemaligen Gegnern im Zweiten Weltkrieg quitt. // Filmausschnitte: ARD, ZDF