Die Schweizer Neutestamentlerin Luzia Sutter Rehmann will eine hermeneutische Perspektive aufzeigen, mit der die biblischen Texte gelesen werden können, ohne auf unhistorischen Annahmen zu gründen und antijudaistische Denkmuster zu bestärken. Dabei zeigt sich, dass der Hunger Jesu Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist. Diesen Hunger zu übersehen, öffnet Tür und Tor für Antijudaismus.
In unserer Reihe antisemitismuskritischer Bibelauslegungen stellen renommierte sowie junge Exeget*innen neue Bibelauslegungen vor, die der tradierten Stereotypisierung von Juden, Jüdinnen und Judentum entgegentreten. Klischeehafte christliche Vorstellungen wirken oft bildhaft im säkularisierten Antisemitismus weiter: der alttestamentarische Gesetzesglauben; der Rachegott, der Blutopfer als Sühne verlangt und Beschneidung anordnet; der eine bestimmte Gruppe auserwählt (Kirche oder Synagoge) und dessen Verheißungen Nationalismus und Kolonialismus schüren.
In wissenschaftlich fundierten, aber leicht zugänglichen Auslegungen bestimmter Textpassagen hinterfragen wir diese karikierenden Vorstellungen jeden zweiten Donnerstag im Monat. Die Exeget*innen schneiden dabei die antijüdische Rezeptionsgeschichte kurz an, entwickeln aber vor allem neue, kreative und lebendige Verständnismöglichkeiten, in denen die Schrift in ihrer Tiefe und Mehrdimensionalität neu zur Geltung kommt. Die Vorträge sollen Lust machen, das Potenzial biblischer Texte neu zu entdecken und zu zeigen, wie sehr wir davon profitieren, wenn wir sie mit der jüdischen Tradition und nicht gegen sie lesen.
Luzia Sutter Rehmann ist Befreiungstheologin. Sie lehrt Neues Testament als Titularprofessorin an der Theologischen Fakultät der Universität Basel. Sie übersetzte das Lukasevangelium für die Bibel in gerechter Sprache (2006).