Jesus und die unterdrückte jüdische Frau
Ulrike Metternich über die Heilung der Blutflüssigen
Die antijüdische Auslegungstradition von Markus 5,25-34 behauptet, die Frau mit chronischen Blutungen, die Jesu Gewand berührt und geheilt wird, verstoße gegen jüdische Religionsgesetze. Das Judentum wird dadurch als besonders patriarchalisch dargestellt – als eine Religion, in der menstruierende Frauen gesellschaftlich isoliert würden. Jesus wird dagegen als Feminist dargestellt, der die jüdische Frau von ihrer rigiden Gesetzesreligion „befreit“, weil er sich ihr zuwendet und sie heilt. Dagegen hält Ulrike Metternich eine Auslegung, die von einer selbstbewussten, gottesfürchtigen Frau und von der heilenden Kraft Gottes erzählt.
In unserer Reihe Antisemitismuskritische Bibelauslegungen stellen wechselnde Exeget*innen neue Bibelauslegungen vor, die der tradierten Stereotypisierung von Juden, Jüdinnen und Judentum entgegentreten.
Dr. Ulrike Metternich arbeitet als promovierte Neutestamentlerin an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Erwachsenenbildung. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Heilungs- und Auferstehungsgeschichten, feministische Theologie und sozialgeschichtliche Exegese. Seit 2008 verantwortet sie als Projektstudienleiterin die Feministische befreiungstheologische Sommerakademie der Evangelischen Akademie zu Berlin.
Erschienen am 12.05.2022
Aktualisiert am 12.07.2023