Sarah, Hagar – und wie weiter?
Brigitte Kahl über paulinische Entfeindungen
Die Konkurrenz der beiden Frauen Abrahams im Buch Genesis wird in der paulinischen Auslegung verschärft, um die Überlegenheit der christlichen Freiheit (Sarah) über das jüdische Gesetz (Hagar) zu betonen. Wie kann man sich Galater 4,21-31 neu annähern und den Text gegen die desaströsen Verquickungen der Rechtfertigung für Sklavenhaltung, Frauenunterdrückung und Judenfeindschaft lesen, die mit dieser antijüdischen Rezeptionsgeschichte verbunden sind?
Brigitte Kahl führt die verschiedenen Erzählstränge von Sarah und Hagar zusammen und erfindet einen fiktiven Dialog zwischen den beiden Frauen. Darin begegnen sie sich erneut und lernen, die Positionen der Über- und Unterordnung zu benennen und sich davon zu distanzieren. Im Dialog dieser beiden Frauen können vielleicht die Konflikte und Gegensätze von Freiheit und Gesetz, Kirche und Synagoge entschärft und gelockert werden.
In unserer Reihe Antisemitismuskritische Bibelauslegungen stellen wechselnde Exeget*innen neue Bibelauslegungen vor, die der tradierten Stereotypisierung von Juden, Jüdinnen und Judentum entgegentreten.
Brigitte Kahl lehrt Neues Testament am Union Theological Seminary in New York und an der Columbia University in New York. In ihrer Forschung sucht sie nach neuen Perspektiven in der Bibelwissenschaft, die in den Ereignissen und Beziehungen im Neuen Testament die Präsenz des Römischen Reiches als imperiale Macht stärker beachten.
Erschienen am 10.02.2022
Aktualisiert am 12.07.2023