Jahr für Jahr strömen Millionen in die Metropolen dieser Erde auf der Suche nach Arbeit, Freiheit und Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Städte sind Orte der Sehnsucht, aber auch der Ungleichheit, der Konflikte und sozialen Spaltungen. Die Stadt als eigenen Topos religiöser Hoffnungen und Fragen, aber auch als Ort religiöser Auf- und Umbrüche in den Blick zu nehmen – das war die Aufgabe einer „Theologie der Stadt“. Als konkrete Theologie der Stadt Berlin stand sie noch einmal vor besonderen Herausforderungen. Die Hauptstadt und Kulturmetropole gibt einer Vielfalt von urbanen Lebensstilen und religiösen Topographien Raum, die differenzierte Beschreibungsmuster erforderten. „Wie prägt diese Stadt den Glauben, das religiöse Handeln und die Fragen der Menschen, die in ihr leben? Wie nehmen die Kirchen ihren Auftrag im urbanen Kontext Berlins wahr? Welche neuen Strömungen, aber auch welche Konflikte bringt das religiöse Leben Berlins hervor?“ So formulierte Projektstudienleiter Christopher Zarnow die zentralen Fragen.
Leben im städtischen Kontext verändert sich in kurzen Intervallen. Wie lange die Gültigkeit einer Beobachtung währt, ist nie sicher zu sagen. Zu einer Theologie der Stadt gehörten deshalb die Einsicht ihrer Veränderbarkeit, sie konnte nicht statisch sein, sondern musste die Dynamik der Stadt aufnehmen und abbilden, und zwar im Zusammenspiel mit anderen wissenschaftlichen Disziplinen. Die Aufgabe bestand in einem gemeinsamen kontinuierlichen Ausprobieren und Festhalten einer Theologie der Stadt. Sie entdeckte, beschrieb, verstand die Erscheinungsformen des christlichen Glaubens und anderer religiöser Überzeugungen im vielschichtigen urbanen Zusammenleben und gab eigene Impulse. In anderen Worten: Sie war eine geistesgegenwärtige theologische Stadthermeneutik. „In der Stadt hat man Anteil an etwas Größerem, was man nie so ganz fassen kann. Im Glauben ist es nicht anders. Eine Theologie der Stadt nähert sich beiden Phänomenen“, so Projektstudienleiter Alexander Höner.
Seit 2014 gibt es die Arbeitsstelle „Theologie der Stadt“. Gegründet im Kirchenkreis Schöneberg, war sie von Anfang an als ein gesamtstädtisches Projekt angelegt. Heute ist die Arbeitsstelle im inzwischen fusionierten Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg beheimatet. Sie organisiert und fördert den Wissenstransfer zwischen kirchlichen, theologisch-wissenschaftlichen und anderen städtischen Akteuren. Im „Theologischen Labor Berlin“, zu dem die Arbeitsstelle, die Evangelische Hochschule Berlin und die Evangelische Akademie zu Berlin gemeinsam einluden, traten Stadtsoziolog*innen, Theolog*innen, Journalist*innen und kirchliche Praktiker*innen in produktiven Austausch miteinander. Der erste Projektstudienleiter „Theologie der Stadt“, Prof. Dr. Christopher Zarnow, lehrt seit Herbst 2016 Systematische Theologie an der Evangelischen Hochschule Berlin. Die EHB wurde damit zum Partner im Think Tank und Kooperationsnetzwerk des Theologischen Labor Berlins. Zarnow studierte Theologie in Berlin, Halle und Hamburg und wurde 2009 in Halle zum Dr. theol. promoviert. Er war Pfarrer an der Philippus-Nathanael-Gemeinde und der Apostel-Paulus-Gemeinde in Berlin-Schöneberg sowie stellvertretender Superintendent.
Seit dem Sommer 2017 leitet Alexander Höner die Arbeits- und Forschungsstelle „Theologie der Stadt“. Er studierte Theologie und Religionswissenschaften in Hamburg, Philadelphia/USA und Suva/Fidschi-Inseln. Als wissenschaftlicher Geschäftsführer leitete er zusammen mit Prof. Dr. Wolfgang Grünberg die Arbeitsstelle „Kirche und Stadt“ an der Universität Hamburg. Gelebte Theologie gestaltete er als Pfarrer in Hamburg auf St. Pauli, am Berliner Dom und in der Christophoruskirche Berlin-Friedrichshagen.
Die TheoLab-Tagungen wurden gemeinsam von Alexander Höner, Christopher Zarnow und Studienleiter*innen der Akademie vorbereitet und geleitet.
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Erschienen am 14.10.2019
Aktualisiert am 13.05.2024